Geboren wurde die Idee der Erbauung einer Schutzhütte während einer unruhigen Nacht im Schweinestall in der Gepatschalpe von Dr. phil. Theodor Petersen.
Während einer Bergtour machte er im wunderschönen Gepatsch halt und musste notgedrungen auf einem Boden über dem Schweinestall der Alpe übernachten. Diese schlaflosen Stunden kann man sozusagen als die Geburtstunden des Gepatschhauses bezeichnen.
Gedanklich erbaute Peterson bereits die Schutzhütte und malte sich ihren Standort aus. Die Lage konnte im Gepatsch besser nicht sein. Als Ausgangspunkt vieler interessanter Bergtouren und die günstige Lage (Trinkwasser in der Nähe, vor Steinschlag und Muren geschützt) waren ausschlaggebende Punkte für eine Errichtung des Schutzhauses.
Nachdem mit den örtlichen Behörden Pachtverträge für das Grundstück rund um das Gepatschhaus vereinbart wurden, beschlossen die Mitglieder des Deutschen Alpenvereins den Bau eines Schutzhauses für ihre Bergsteiger im Kaunertal.
Nach ungefähr einem Jahr Bauzeit wurde das Gepatschhaus um 1.288 Gulden (umgerechnet ca. € 15.500,00) am 21. Juni 1873 mit insgesamt 8 Betten eröffnet - vorerst aber ohne Bewirtschaftung. Schlüssel wurden unter anderem in Feichten und Kaltenbrunn für Bergsteiger hinterlegt.
In den darauffolgenden Jahren wurde das Gepatschhaus immer wieder erweitert, da die Nachfrage an Übernachtungsgästen stetig gewachsen ist.
Das Gepatschhaus ist die älteste erbaute Hütte der Sektion Frankfurt des Deutschen Alpenvereins in den Österreichischen Bergen.
Um die Erreichbarkeit der Hütte zu erleichtern wurden von den Mitgliedern des Alpenvereins auch zahlreiche Verbindungswege erbaut.
So wurden wichtige Zustiege vom Ölgrubenjoch und zum Weißseejoch bis nach Langtaufers (Italien) errichtet.
Der Weg nach Langtaufers wurde Jahre später vor allem von den "Kaunertaler Schmugglern" genützt.
Hier war vor allem die damalige Pächterin (Mutter von unserem heutigen Bürgermeister) eine große Hilfe. Hingen Betttücher aus den Fenstern, war es ein Signal für die Kaunertaler, dass die Zollbeamten unterwegs waren und sie somit ihre Ware nach Südtirol schmuggeln konnten.
Kühltruhen gab es zu dieser Zeit freilich noch keine – außer im Gepatschhaus:
Einer der ersten Hüttenwirte (Karl Mark) nutzte die Ausläufer des Gepatschferners (Gletscherzunge), die sich damals in der Nähe des Gepatschhauses befanden, als Naturkühlschrank für sein Fleisch. In einer Blechkiste, welche im Eis eingegraben war, kühlte er hier seine Fleischvorräte.
Die Faszination des Kaunertals war seit jeher auch bis zum österreichischen Adel vorgedrungen.
Was heute Bundespräsident Alexander van der Bellen ist, waren früher unter anderem Kaiser Maximilian – begeisterter Jäger und Stammgast im Kaunertal.
Erstmals besucht wurde das Gepatschhaus aber von Erzherzog Johann. Für diesen wurde am 18. Dezember 1900 sogar das Gepatschhaus aus seinem Winterschlaf geholt und extra für ihn geöffnet, damit dieser die Mächtigkeit des Gepatschferners bewundern und eine gemütlich Nacht im Schutzhaus verbringen konnte.
1904 veranstaltete der Schneeschuh-Klub Frankfurt am Main den ersten offiziellen und aufgezeichneten Skikurs im Gepatsch.
Wusstest Du, dass Skier bereits seit der Steinzeit als Fortbewegungsmittel in alpinen Höhen genutzt wurden? Belegt wurde dies durch archäologische Funde aus dieser Zeit.
Seit der Errichtung des Gepatschhauses ist dieses Ausgangspunkt zahlreicher Hochtouren. Die bekannteste Tour im Kaunertal ist wohl jene auf den Hausberg des Kaunertaler Gletscher - die Weißseespitze. Eine Tagestour auf die Weißseespitze ist erst durch den Bau des Gepatschhauses möglich geworden.
Bis heute ist die Alpenvereinshütte DER Treffpunkt unserer Kaunertaler Bergführer.
Eine Sonntagsandacht in einer Kirche vor dem Start einer Bergtour war und ist auch heute noch für viele Bergführer ein MUSS.
Da im 19. Jahrhundert noch keine echte Straße nach Feichten (früher als Feuchten bekannt) führte und somit der Abstieg ins Tal mehrere Stunden dauerte, entschloss man sich, direkt beim Gepatschhaus eine Kapelle zu errichten.
Das Besondere an der Kapelle „Maria im Schnee“ ist, dass diese nicht nur als Haus Gottes diente. Im Gebäude befinden sich 2 Zimmer für Touristen. So kann man auch heute noch in göttlicher Atmosphäre im Gepatsch übernachten.
Während des 2. Weltkrieges war das Gepatschhaus ein wichtiger strategischer Stützpunkt. So diente es sogar als Fliegerbeobachtungspunkt um feindliche Flugzeuge zu orten.
„4 Millionen Kilometer ohne Fahrschule zurückgelegt – Fritz Pöham erreichte 1929 als erster mit dem Auto das Gepatschhaus“
Genau so stand es in den Zeitungen. Mit dem amtlichen Kennzeichen „E-VI-7“, das bedeutete, dass dies erst das 7. Auto im Bezirk Landeck war, wurde Fritz Pöham zum ersten Taxilenker im Bezirk.
Er brachte die ersten mutigen Gäste über die teils noch provisorischen Straßen bis zum Gepatschhaus und zeigte ihnen die Naturschönheit des Tales.
Seine „Erstbefahrung“ war zu dieser Zeit eine Sensation und bescherte ihm zahlreiche Zuschauer entlang der Strecke während der Fahrt ins Gepatsch.
Seit 1932 wird das Gepatschhaushaus sogar linienmäßig mit dem Postbus angefahren, was gerade zur damaligen Zeit mehr als nur eine Sensation war.
Heute findet man am Kaunertaler Gletscher sogar die höchstgelegenste Postbushaltestelle Österreichs auf 2.750 m. Seit damals transportiert ein öffentliches Verkehrsmittel die Gäste Sommer wie Winter bis an den Rand des ewigen Eises.
Quelle: Martin Frey
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